Dez 16

Infobrief Juli 2016

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Dez 15


Liebe Freunde!

Sprüche 30, 8 + 9: „Armut und Reichtum gib mir nicht; lass mich aber mein Teil Speise dahin nehmen, das du mir beschieden hast. Ich könnte sonst, wenn ich zu satt würde, verleugnen und sagen: Wer ist der HERR? Oder wenn ich zu arm würde, könnte ich stehlen und mich an dem Namen meines Gottes vergreifen.“

„Eimer voll mit Gold“

Wir sind auf dem Weg zur Gemeinde, mit dabei sind einige Frauen und Kinder von unserem Projekt. Während der Fahrt kommt Frau A. ins erzählen: „nein, mein Leben war nicht gut. Ich war nie glücklich. Viel Leid, viel Ungerechtigkeit. Ich bin als Waisenkind von Nenn-Tanten aufgezogen worden, fremde Leute. Nur verprügelt haben die mich. Mit 16 bin ich davon gelaufen, mit 18 war ich schwanger. Ein Taugenichts, der Mann, hat mich auch nur verprügelt. Ich hab ihn dann verlassen, meine beiden Kinder waren damals 2 Jahre und 8 Monate. In den Goldminen im Hochland habe ich den 2ten Mann kennen gelernt. Dort ging es uns gut. Ich habe nicht gekocht, nein, das haben die Angestellten gemacht. Wir hatten einige Häuser, doch, wie es eben so kommt, eines Tages waren die Eimer voll Gold weg, ausgegeben, mein Mann konnte eben nicht mit Geld umgehen....“ Wolfgang und ich schauen uns an. Haben wir da richtig gehört? Eimer voll Gold? Unglaublich! Diese Frau lebt heute mit zwei ihrer Kinder und einem Enkel in einer Bruchbude, ein Raum der eher einer Rumpelkammer als einem Wohnort gleicht. Sie verdient ein paar Groschen mit Wäsche waschen und ist ansonsten bettelarm.

„Mein Mann ist ein Taugenichts“

Auf unserer Veranda sitzt M.. Sie weint. Sie braucht Geld. Muß ihre Schulden bei der Bank bezahlen. Mutter von 7 Kindern, im Alter von 2 bis 16 Jahren. In einem Zimmer leben und schlafen 9 Personen, nebenan ist ein 2tes Zimmer im Rohbau. Der Mann ist eigentlich ein guter Maurer,- wir kennen ihn, weil er für uns schon gearbeitet hat. „Er steht nicht auf und sucht keine Arbeit“ beklagt sich M.. „Und das wenige Geld das er verdient sehe ich nicht“. M. tut alles in ihrer Macht stehende, um wenigsten täglich Essen zu können, sie wäscht, putzt, hilft auf dem Markt Obst verkaufen, bietet Kleider an, während der Mann öfters mal um 10 Uhr morgens noch im Bett anzutreffen ist, seinen Rausch ausschlafen.

„Das Geld reicht einfach nicht“

9 Personen, 4 Betten in 2 Zimmer, draußen ein Plumpsklo, an der Hauswand die „Küche“. Das ist die Familie von C.. Der Mann repariert Autos, nimmt Gelegenheitsjobs an, sie arbeitet als Hausangestellte. Der 14 jährige Junge teilt sich die Aufgabe des Kochens mit seiner 15 jährigen Schwester. Die älteren Kinder gehen neben der Schule halbtags arbeiten, die Jüngeren sind auf sich gestellt. Erst am Spätnachmittag, wenn C. nach Hause kommt kann sie nach den Hausaufgaben schauen.

„Essen kochen,- für andere ..."

Die 28 Jährige R. hat sieben Kinder von drei Männern. Ihr Mann holt Steine aus dem Fluss und sie kocht für die Tagelöhner dort am Fluss Frühstück und Mittagessen. Manchmal kommen 10 Personen, manchmal nur zwei - je nach Wetter und Flussbedingungen. Ihre Kinder sind den Tag über alleine in einem gemieteten Zimmer, 20 Minuten Fußweg entfernt. Oftmals reicht das Essen für sie nicht mehr aus. Obwohl es in unserem Wohnviertel einen Mittagstisch gibt, wo die Kinder täglich essen gehen und betreut werden könnten, zögern die Eltern sich dafür zu entscheiden.

Wir könnten noch einige Geschichten erzählen, Lebensausschnitte von Menschen die in extremer Armut leben. Armut hat viele Gesichter und viele Ursachen. Menschlich betrachtet tendieren wir dazu diese Leute zu verurteilen. “Wer faul ist bringt es eben zu nichts!“. „Selber schuld! Würde er arbeiten, anstatt zu trinken!“ oder aber: „ach, die sind asozial, ungebildet, die ändern sich nie!“. Auch weisen uns Menschen in unserem Umfeld häufiger darauf hin, daß der Santa Cruzer faul und „comodo“ sei,- also gerne die Hände hinstreckt wenn es etwas gibt, hingegen mit Abwesenheit glänzt wenn es gilt Einsatz zu zeigen.

Die Bibel bezieht ganz klar Stellung zum Thema Armut. In 5. Mose 15,11 heißt es „Es werden allezeit Arme sein im Lande; darum gebiete ich dir und sage, dass du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist in deinem Land“, denn Jesus möchte daß wir ein Leben in ganzer Fülle leben, also keinen Mangel haben (Johannes 10, 10).

Armut hat viele Gesichter und viele Ursachen: Fremd und Eigenschuld liegen nahe beieinander. „Armut verursacht Trunksucht“ sagt Viv Gregg in seinem Buch „Mit den Armen leben“. Arbeitslosigkeit ist ein idealer Nährboden dafür. Trinkt der Mann von M. weil er keine Arbeit findet, oder findet er keine Arbeit weil er trinkt? Ist er faul oder resigniert? „Armut schafft nicht nur ein Umfeld von Trunksucht sondern auch von Sittenlosigkeit. Arme Menschen sind die moralisch gestrandeten einer Gesellschaft. Es gibt Armut die auf Sünde zurück zu führen ist.



Aber Armut kann auch dazu führen, daß Sünde erst begangen wird.“ sagt Viv Gregg. Geldgier ist die Wurzel allen Übels (1 Tim. 6, 10) das erste Lebenszeugnis von Frau A. ist ein trauriges Beispiel dafür. In unserem unmittelbaren Umfeld nehmen wir die Vielschichtigkeit der Armut sehr wahr, und oft genug stehen wir ratlos davor. Wenn arme Leute anderen Geld ausleihen dann zum Teil mit bis zu 100% Zins. Heute leihe ich Dir 100,- Bs, innerhalb zwei Monate zahlst du mir 10 mal 20 Bs zurück! Alles wird auf Pump gekauft, Kredite auf Luxusgüter winken in Großplakaten an den Hauptstraßen mit scheinbar verlockenden Angeboten. Gerade die Menschen die nicht richtig rechnen gelernt haben fallen darauf rein. Unmoral, Alkohol, Ausbeutung, Korruption, Geldgier, soziale Ungerechtigkeit, mangelnde Bildung, alles das bildet einen idealen Nährboden für Armut.

Gott selbst macht sich zum Fürsprecher für die Armen. So werden im Alten Testament Sozialgesetze und Armenfürsorge geregelt. Die Ausnutzung der Schwächen der Armen wird verboten (2. Mose 22, 20 - 21). Eine Fülle von Wirtschaftsgesetzen dient dazu, Prozesse der Verarmung zu verlangsamen oder ganz zu verhindern. Es wird unter anderem ein Zinsverbot angeordnet (2. Mose 22, 24; 3. Mose 25, 35 - 38), alle sieben Jahre soll es einen allgemeinen Schuldenerlass geben. (5. Mose 15). Ebenso wird betont, daß Arme und Reiche vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind. Zudem möchte Gott, daß wir Almosen geben. Dabei heißt „Almosen“ im hebräischen – so bis heute in den jüdischen Gemeinden – „Gerechtigkeit“. Auf das, was die Armen erhalten, haben diese ein Recht, das „Recht der Armen“ (2. Mose 23, 6; 5. Mose 27, 19, Jesaja 10, 2). Die Gabe für die Armen ist kein Akt herablassender Gnade, sondern ein Akt der Herstellung von Gerechtigkeit. Am Tempel wird eine Armenkasse eingerichtet, die das Vorbild der Armenversorgung in den Synagogen und später den christlichen Gemeinden wird.

Klar wird: Die Bibel sieht den ganzen Menschen und möchte, dass er ganz heil wird, alles hat, was er zum Leben braucht. Und das ist mehr als Nahrung, Kleidung und Geld. Was nützen dem Menschen all seine Schätze, wenn er nicht reich ist bei Gott. Menschen können arm und doch reich sein, aber auch reich und doch arm. Die Reichen bedürfen darum des befreienden Evangeliums mindestens ebenso wie die Armen!

Deswegen ist es ein sehr weises Gebet, was da in Sprüche 30, 8 + 9 formuliert wird: „Armut und Reichtum gib mir nicht; lass mich aber mein Teil Speise dahin nehmen, das du mir beschieden hast. Ich könnte sonst, wenn ich zu satt würde, verleugnen und sagen: Wer ist der HERR? Oder wenn ich zu arm würde, könnte ich stehlen und mich an dem Namen meines Gottes vergreifen.“

Beca escolar „Para un mejor futuro“, oder Schulunterstützung “Für eine bessere Zukunft”

„Wort Gottes zusammen mit Bildung löst die Probleme der Armut“ So steht es plakativ auf unserem Banner den wir für Werbezwecke haben machen lassen. Wir sind davon überzeugt daß christliche Nächstenliebe aus Wort und Tat bestehend, tiefgreifende Veränderung hervorrufen kann. So sind wir seit Anfang des Jahres dabei ein Hilfsprojekt aufzubauen, welches Familien in extremer Armut zugute kommt. Kindern, die in armen Verhältnissen leben, soll die Schulbildung, und wenn möglich eine anschließende Berufsausbildung ermöglicht werden. Mit 40 Euro monatlich können einem Kind die notwendigen Schulbücher, Stifte, Hefte, Uniform sowie Sportsachen gekauft werden. Zudem werden lernschwache Kinder 2x die Woche mit Nachhilfeunterricht betreut. Für die Eltern gibt es monatliche Fortbildungen und Kurse um ihre Lebensqualität zu verbessern. Medizinische Hilfe und Lebensmittelzuschüsse werden, sowie es die jeweiligen Einkünfte erlauben, weiter gegeben.

Die Eltern werden verpflichtet 4x im Jahr mit einer Praktischen Arbeit das Projekt zu unterstützen. Da wir noch keine eigene Büroräume oder eigenes Gelände haben, bestand unser erster Arbeitseinsatz darin, die örtliche Schule, an der die meisten Kinder zur Schule gehen, vom Plastikmüll zu befreien. Zehn große Müllsäcke voll mit Plastik, Steinen und Unrat waren das Ergebnis eines arbeitsreichen Samstagnachmittags. Leider war die Schule nicht fähig den Müll abtransportieren zu lassen, sodass nach zwei Wochen die Müllsäcke, von den Hunden aufgerissen, wieder verstreut im ganzen Hof herum lagen.

Der zweite Arbeitseinsatz soll im Juli statt finden,- dieses Mal wird gekocht. Das Dorffest ausnutzend, wollen wir am 16. und 17. Juli mit einheimischen Spezialitäten dabei sein. „Patasca“ heißt eine beliebte Schweinekopfsuppe, die gerne zum Frühstück verspleißt wird. Zum Mittagessen wird Erdnusssuppe und Hühnchen mit pikanter Tomatensoße serviert. Nachtisch und Kaffee soll es geben, sowie einen Gebrauchtkleider- und Trödelmarkt. Dazu muß noch einiges vorbereitet und organisiert werden. Die Einkünfte sollen für das Büro des Projektes sein, und so sind wir gespannt wie der Event ausgeht.

Unser Ziel ist es bis Ende des Jahres für 30 Kinder Unterstützer gefunden zu haben. Das Halbjahr ist vorbei und wir haben bereits 19 Kinder im Projekt aufnehmen können. Das ist ein tolles Resultat. Für 11 Kinder kommt die Unterstützung aus Deutschland, acht Personen konnten wir schon in Santa Cruz finden. Um auf unser Projekt in der Santa Cruzer Bevölkerung aufmerksam zu machen, wagten wir uns auf die fünftägige Verbrauchermesse für Frauen, die im Mai stattfand. Spannende, anstrengende und gewinnbringende Tage waren das, wir konnten viele Gespräche führen und wertvolle Kontakte knüpfen. Im Anschluss an die Messe wurde Dorothea gleich zwei Mal innerhalb von drei Wochen von dem Fernsehsender Bolivision eingeladen indem sie das Projekt vorstellen konnte.

VDM Besuch

Im Mai kam auch unser Missionsleiterehepaar Heinrich und Mathilde Finger zu Besuch. Das waren drei schöne, intensive und wertvolle Tage. Es gab ein Treffen mit dem Direktorium von FUNDENA, an dem sie vertraglich als unsere neue Partnerorganisation der VDM eingesetzt werden konnte. FUNDENA ist eine Stiftung die ganzheitliche Familienarbeit betreibt und unser Projekt mit offenen Armen als einen neuen Arbeitszweig in ihre Projekte einreihte. Somit ist unser Projekt „Für eine bessere Zukunft“ in Deutschland bei der VDM und in Bolivien legal anerkannt, ohne daß wir persönlich den langen, beschwerlichen und teuren Weg der Legalisierung gehen mussten. Dafür sind wir natürlich sehr dankbar. In der ganzen Entwicklung des Projektes sehen wir Gottes Wirken und Führen, ER selbst geht voran und gibt zu jeder neuen Herausforderung Strategie, Kraft und Kreativität.

Der Juni war wie immer kalt bei uns, umso mehr freuten wir uns über die vielen Kleiderspenden die bei uns für unsere Projektfamilien eintrafen. Es gibt viele gutherzige Menschen in Santa Cruz, und so konnte Dorothea nicht nur für das unterstütze Kind, sondern auch für jedes Geschwisterkind passende Winterkleidung ausgeben. Dem Herrn sei Dank!

Aloe Vera und Salat

Seit unserem letzten Heimatdienst sind Wolfgang und ich mit jeweils einem Halbtagsvertrag bei der VDM angestellt. Diese Umstellung war notwendig um Dorotheas Rentenbedingungen zu verbessern, denn leider reicht unser Spendeneinkommen für 1,5 Arbeitsverträge nicht aus. Zudem steht der Euro nicht mehr so stark da wie einst. Gab es vor fünf Jahre noch 1000 Bolivianos (Bs) für 100 Euro so sind es heute knapp 700 Bs. Um unser Einkommen also etwas aufzubessern haben wir in de letzten Jahren die Aloe Vera Plantage erweitert um den Verkauf zu steigern. Dieses Jahr sind wir nun vermehrt dabei das Aloe-Gel zu bewerben und bekannt zu machen. Dazu wird Dorothea vom 7. – 10. Juli erstmals als Aussteller an einer Gesundheitsmesse teilnehmen,- die Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren.
Ebenso hat Wolfgang sich für ein neues Projekt begeistern lassen: Salat in Hydrokultur. In Deutschland nichts neues, aber hier noch eine echtes Neuland. Derzeit entsteht in Los Chacos auf unserem Gelände ein Gewächshaus in dem die Pflänzchen Insekten- und Windgeschützt in Wasserrohren wachsen sollen.

Familie

Im August wird unser Thomas uns besuchen! Darauf freuen wir uns natürlich sehr. Thomas ist nun schon zwei Jahre in Deutschland, nach seinem BUFDI beim CVJM in Unteröwisheim hat er letzten August die Lehre zum Elektriker bei EnBW Karlsruhe begonnen. Wir sind stolz auf ihn, denn er meistert die Herausforderungen mit Bravur, auch wenn es ihm so manches mal nicht leicht fällt. Das Gleiche können wir über Ann-Kathrin berichten. Auch sie steht ihre Frau in der Uni, mittlerweile schon das vierte Jahr Zahnmedizin. Unter den besten Studentinnen reiht sie sich ein, und auch privat hat sie ein sehr turbulentes Leben. Unsere Kinder sind und bleiben Thirdcultre-Kids, in keiner Kultur Zuhause und doch überall angepasst dabei. Die enormen Spannungen die das mit sich bringt, müssen ausgehalten und verarbeitet werden, als junger Mensch in der Frage nach der eigenen Identität nicht einfach. Unsere Kinder sind unser tägliches Gebetsanliegen, wir leiden mit jeder Niederlage und freuen uns über jeden ihrer Erfolge. Das ist was Eltern eben tun.

In diesem Sinne verabschieden wir uns, natürlich gäbe es noch mehr zu erzählen. Neuerdings gibt es auch eine Facebookseite über unser Projekt, auch dazu herzliche Einladung die Seite zu besuchen. Wer unser Projekt gut findet und ein Kind monatlich unterstützen will sollte sich bei uns per email melden: lechenbol@web.de.

Wir wünschen jedem Gottes Segen,
es grüßen euch ganz herzlich aus Santa Cruz Eure   Dorothea und Wolfgang

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