15 Jahre Bolivien
Im Oktober 1995 sind wir, nach einer knapp zweijähringen Vorlaufzeit, in Bolivien angekommen. Inzwischen sind 15 Jahre vergangen, unsere Kinder haben die meiste Zeit ihres Lebens in Bolivien verbracht und wir nähern uns altersmäßig den 50. Lebensjahr. Wir haben in diesen Jahren viel erlebt und gesehen. Am Anfang unserer Missionarszeit waren noch Zweifel vorhanden, ob das mal noch gut gehen würde, von Spenden anderer zu leben. Heute können wir dankbar auf 15 Jahre ununterbrochene Versorgung durch unsere Freunde und Verwandten zurückblicken, deren Geberhände durch Gott gelenkt wurden.
1995 sind wir mit großen Ideen ausgezogen und haben unsere gesamten Kräfte für deren Umsetzung eingesetzt. Wir hatten Not vor Augen und wollten helfen. Aber was von den sichtbaren Werken bleibt, scheint im Laufe der Zeit immer geringer zu werden. Auf der Suche nach Gründen kommt man auch zur Frage: „was hat es gebracht?“. Was ist aus den Vorstellungen und Projekten geworden? Eine schnelle Antwort lässt sich darauf nicht geben. Wir wünschen uns, daß unsere Werke dem Feuer standhalten, denn so wird es uns im 1. Brief an die Korinther 3, 13 berichtet: „So wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird es klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.“
So möchte ich den Blick auf einen anderen Aspekt lenken. Es hat mit uns selber zu tun: während wir fest entschlossen waren, Hilfe nach Bolivien zu bringen wussten wir noch nicht, wo wir selber Hilfe gebraucht haben. Mit dem Helfen hat es nämlich so etwas auf sich. Es lässt sich schwer beschreiben, aber oft erging es uns hier in Bolivien so unglaublich, daß wir gesagt haben „das glaubt uns keiner in Deutschland“, oder „wie sollen wir das nur in Deutschland verständlich machen?“. Was vor 15 Jahren wie eine einfache Formel aussah, ist zu einer komlexen und komplizierten Rechnung geworden. Wir nahmen an, mit genügend Fachkenntnis, den nötigen Finanzen und mit dem Glauben eines Missionars würde es uns recht schnell gelingen, die aus unserer Sichtweise so daniedeliegenden Strukturen im Gastland so zu ändern, damit wir mit der Hilfsbereitschaft sicherlich Erfolg haben würden. Wir sind mit der Überzeugung angetreten, daß der ordentliche Einsatz der Resourcen Veränderung, und wenn auch nur in einem kleinen Umkreis, bewirken würde. Schließlich sind wir ja Deutsche und mit der Gabe der Analyse und Organisation ausgestattet, Eigenschaften, die auf den ersten Blick in Bolivien zu fehlen scheinen. Aber dann sind Dinge passiert, damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Die ersten Probleme nach unserer Ankunft in Bolivien, haben keine Wochen auf sich warten lassen. Kaum war die eine Sache gelöst, kam die Nächste. Und so ging es weiter. Zuerst hatten immer die anderen Schuld und „Andere“ gab es genug. Aber mit der Zeit stellten wir fest, daß wir mit unserem eigenen Karakter einer guten Entwicklung im Wege stehen. Und so hat Gott diese Schwierigkeiten gebraucht, um erst einmal uns zu helfen, unseren Karakter zu schleifen und unseren Glauben zu prüfen. 15 Jahre sind nun vergangen, in denen wir sowohl uns selber, als auch die wahren Gründe für die Not um uns herum kennen gelernt haben. Daß wir daran nicht gescheitert, sondern gewachsen sind, ist alleine der Gnade Gottes zuzuschreiben. Er ist es, der das Werk, das Er in uns durch Jesus begonnen hat, auch zu Ende bringen weiß (Fil 1, 6). Und an anderer Stelle macht Jesus deutlich: „ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15, 5), mit mir aber werdet ihr viel Frucht bringen. Wir sehen auf die letzten 15 Jahre wie auf eine besondere Lehrzeit zurück. Wir mussten Demut und Glauben lernen um den Problemen richtig begegnen zu können, und sehen es als ein Privileg, daß Gott uns diese Lehre zugetraut hat. Dabei scheinen wir oft noch als „Anfänger“ und verhalten uns immer noch allzu menschlich. So möchten wir mit dem Zitat von Paulus schließen, der nach vielen Jahren des Dienstes am Leben vieler Menschen den Mut hatte zu bekennen, „... ich schätze mich selber noch nicht so ein, daß ich´s ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist“. Im diesen Sinne vertrauen wir unser Leben und Wirken immer wieder neu Gott an und haben den Wunsch, daß es uns gelingen möge als seine Jünger da zu leben, wo Er uns zum Dienst hingestellt hat. Für die Begleitung unserer vielen Freunde im Gebet und Gaben, möchten wir uns ganz herzlich bedanken. Gott befohlen und herzliche Grüße, Euer Wolfgang und Dorothea.
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