Dorothea & Wolfgang Landes
Hogar de Niños
"Wayne Walker"

März 2005

Los Chacos, Santa Cruz - Bolivien

Infobrief März 2005


Juli 05


Okt 04

Kinderheim "Wayne Walker"

Liebe Freunde!

Während sich in Deutschland der Winter von allen seinen Seiten zeigt, ist es bei uns im Tiefland Boliviens Saisonbedingt heiß und feucht. Die kleinste Betätigung führt zu Schweißausbrüchen und Abends um 21:00 Uhr haben wir oft noch 31C° im Schlafzimmer.

„Heiß" ging es bei uns seit der letzten Ausgabe unseres Infobriefes im Oktober 2004 her, und zwar nicht nur meteorologisch. Davon wollen wir in den folgenden Abschnitten ausführlich berichten.

Daß unser Leben, durch diese komprimierte Art der Darstellung, für so manchen Leser vielleicht einen fast „heldenhaften Anstrich" erhält, ist nicht Ziel unseres Infobriefes. Ana-Lisa aus Bruchsal, einer unserer Volontär-Lehrerinen, sagte eines Tages „Ich dachte Missionare wären irgendwie übernatürlich, aber inzwischen habe ich gemerkt, daß dies gar nicht so ist." (ob sie das an uns festgestellt hat ...?) Die täglichen kleinen und großen Niederlagen, Enttäuschungen und Frustrationen geraten schnell in Vergessenheit und bilden kaum Teil der üblichen Infopost, aber sie sind dennoch da.

Deswegen möchte ich zuerst von einer solchen Frustration erzählen. In den letzten Monaten haben wir eine immer geringere Teilnahme in unseren Gemeindeveranstaltungen registriert. Da wir als Team (Karin und Stefan + Dorothea und Ich) alles in unseren Kräften stehende tun, um die uns Anbefohlenen zu unterweisen, zu beraten, sie in Seelsorge und Gebet zu nehmen, persönlich einladen, Nachfragen und Hilfe anbieten, Fehler versuchen zu übersehen und auch vor der Armut nicht die Augen verschließen, hat mich der Frust gepackt! „Warum, oh Herr, kommen diese Menschen dann nicht wenigstens in den Gottesdienst? Warum müssen wir dennoch oft banales oder schweres Fehlverhalten von Dritten aus dem Dorf erfahren?" Das hat mich so sehr betrübt und durcheinander gebracht, daß die Liebe zu einigen Geschwister im Herrn verloren ging. Erst ein Gespräch mit Stefan hat mir wieder geholfen einen „kühlen Kopf" zu bekommen und das Verhalten der anderen zunächst einmal nicht auf mich persönlich zu beziehen. Dabei hat mir folgende Wahrheit geholfen: Wir sind hier, um das Angebot Jesu vorzuleben und auf jede erdenkliche Art zu verbreiten, aber den lebensverändernden Glauben, das „Ergreifen" durch die Menschen hier, können wir nicht „machen", das ist alleine Gottes Aufgabe. Jesus sagt dazu etwas ganz Elementares in Johannes Kapitel 12, Verse 46 – 48:

„Ich bin als das Licht in die Welt gekommen, damit keiner, der an mich glaubt, länger in der Dunkelheit leben muß. Wenn jemand auf mein Wort hört und nicht danach handelt, so werde ich ihn nicht verurteilen. Denn ich bin nicht als Richter für die Welt gekommen, sondern als ihr Retter. Wer mich ablehnt und nicht nach meinen Worten lebt, der hat schon seinen Richter gefunden. Das Wort, das ich verkündet habe, wird ihn am Tag des Gerichts verurteilen."

Meine und unsere Aufgabe hier ist, das zu tun was Jesus tat. Mein Frust über mangelnde sichtbare Ergebnisse hat mich neben dem Prediger auch zum Richter gemacht. Das hat mir alle Kraft geraubt und vieles Menschliche in mir offenbart. Frust, Enttäuschung und Niedergeschlagenheit, wer gibt das schon gerne zu? Ich bin Gott dankbar für die neue Orientierung und daß ich dieses Tal durchschritten habe.

In guter Erinnerung

geblieben ist unser zehntägiger Aufenthalt an der Küste Brasiliens Anfang Dezember 2004. Touristisch gesehen noch Vorsaison, hatten wir den weiten und flachen Sandstrand fast für uns alleine. Das Klima war täglich warm und Nachts schön mild, einfach sehr erholsam. Ein Freund aus unserer Gemeinde in Santa Cruz hat uns sein Apartment kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Überraschend in Deutschland

Fast Zeitgleich waren Karin und Stefan für zwei Wochen in Deutschland, um an der Beerdigung von Stefans Mutter teilzunehmen. Ihr Trost ist die Gewissheit, daß Stefans Mutter ihren Glauben zu Lebzeiten fest in Jesus begründet hat und daher ihr Sterben ein „Heimgehen" ins ewige Reich Gottes bedeutet. Während dieser knappen zwei Wochen, wo erstmals keiner von unserem Vierer Team hier anwesend war, haben unsere tatkräftigen Volontäre die Stellung im Kinderheim gehalten. Spannend war für Karin und Stefan der Rückflug: Nur durch ein Wunder bekamen sie spontan zwei freie Plätze, und das, obwohl Mitte Dezember alles bis in den Januar hinein ausgebucht war und es lange Wartelisten gab.

Schwangerschaftstest positiv

Alle waren wir betroffen und geschockt von diesem Befund. Unser ältestes Heimkind Juan, eigentlich unser Musterknabe und ein fleißiger Junge, hat sich bewußt gegen alle erzieherischen Maßnahmen und Warnungen dazu entschieden, heimtückisch die Schlüssel zum Mädchenzimmer zu stehlen und in Absprache mit Marianella, ebenfalls ein Heimkind, mehrere Nächte in Unzucht zu verbringen. Resultat dieser Heimlichkeit ist nun, daß Marianella ein Kind erwartet, und das mit 12 Jahren bei einer Körpergröße von weniger als 1,50m. Das hat uns alle sehr betroffen gemacht und besonders für Karin und Stefan im Januar zu enormen Stress geführt. Allzu gut kennen wir inzwischen das bolivianische „Rechts"-System und waren daher sehr daran interessiert, das diese Sache nicht in falsche Hände gerät. Doch Gott hat auch da zu unseren Gunsten gehandelt: Wegen anhaltender Streiks und Belagerungen der zuständigen Behörde wurden Karin und Stefan an eine Richterin verwiesen, die unseren Glauben an Jesus teilt und ihre ethische Verpflichtung Tätern und Opfern gleichermaßen sieht. Da das Vergehen nach eingehender Prüfung durch Psychologen und Sozialarbeiter von beiden Beteiligten (Marianella und Juan) ausging, konnte die Richterin anstatt Gefängnis für Juan, die Verlegung in ein anderes Heim anordnen. Im Gefängnis wäre Juan selber Opfer von dort üblichen „Racheakten" der Insassen geworden, die einfach nur grausam für ihn gewesen wären. Marianella bleibt derzeit im Schutzraum ihrer gewohnten Umgebung, sie hätte eine Abtreibung verordnet bekommen, wenn die Jugendbehörde den Fall bearbeitet hätte. Wir sind alle gespannt, wie es nun weitergeht.

Besucher

An Gästen duften wir Yvonne Balzer aus unserer Düsseldorfer Gemeinde bei uns begrüßen. Sie kam um unser Leben hier kennen zu lernen und hat zusammen mit Familie Sievers noch einiges vom Land gesehen.

Ebenfalls zu Gast war Jürgen Mauer aus Iptingen. Ich kenne ihn schon seit der Lehrzeit auf dem Störrhof (Knittlingen). Durch seine Aufgabe als Schatzmeister vom Sozial-Missionarischen Straßenkinder Projekt „Soforthilfe La Paz" in gleichnamiger Stadt im Hochland kam Jürgen nun nach Bolivien. Als Landwirt hat er besonders mich in meiner Situation hier verstehen können und hat für diesen Arbeitsbereich natürlicherweise großes Interesse gezeigt.

Im März kommt zum vierten mal (!) Dorotheas Schwester Beate, die ihren 40ten Geburtstag mit uns feiern wird.

Eine 15 köpfige Gruppe Bibelschüler von der Bibelschule Kirchberg (an der Jagst) machen derzeit ihre Studienreise durch Bolivien und werden den Beginn sowie das Ende ihrer Reise bei uns im Projekt verbringen. Die beträchtliche Kilozahl Freigepäck (pro Person 64kg) hat uns verleitet einige Dinge aus Deutschland mitbringen zu lassen, - zur besonderen Freude von Dorotheas Haushaltshilfe Neque, die sich so sehr eine Nähmaschine wünschte! Ganz ungewöhnlich für eine Bolivianerin, hatte sie die Nähmaschine schon im Voraus in Raten abbezahlt, die Dorothea per Ebay gekauft hatte. Mit Ehrgeiz und Disziplin hat Neque eine Ausbildung zur Schneidermeisterin gemacht, und freut sich jetzt über eine Nähmaschine, die sie sich hier nie hätte leisten können (weil super teuer)! Wir freuen uns mit ihr – an die Reisegruppe vielen Dank fürs mitbringen!

Über 250.000 Liter Milch

Eine Zahl die erst einmal Eindruck macht: das ist unsere Milchproduktion in den letzten 12 Monaten. Damit bestätigt sich für uns ohne Zweifel Sprüche 3, Vers 6:

„Denke bei jedem Schritt an Ihn (Gott); Er zeigt dir den richtigen Weg und krönt dein Handeln mit Erfolg."

Ohne nun alle Betriebswirtschaftlichen Parameter darzulegen, die einiges vom „großen Erfolg" wieder relativieren könnten, möchten wir mit dieser Meldung einfach dies vermitteln: Die mühsame Arbeit in der Landwirtschaft zeigt ihre Früchte. Dabei spielen neben Treue, Klugheit, Ehrlichkeit, Fleiß und Ausdauer aller vor allem der Segen Gottes die größte Rolle. Im gleichem Sprüchebuch 10, Vers 22 steht auch unmissverständlich „Der Segen des Herrn allein macht reich, und nichts tut eigene Mühe hinzu." Die zitierten Verse lassen sicher auch andere Interpretationen zu, aber nach all den Anfangsschwierigkeiten und den vielen Rückschlägen beim Aufbau dieses Milchviehbetriebs unter den speziellen klimatischen und kulturellen Umständen sind wir nun oft am Staunen was uns Gott bis heute ermöglicht hat. Ihm sei Ehre dafür.

Maissilo und Reparaturen

Dank der betrieblichen Ausdehnung auf die überschwemmungssicheren gepachteten Nachbarflächen konnten wir Anfang Januar die erste (von zwei möglichen) Maisernten erfolgreich einbringen. Dies war in den letzten Jahren wegen der ständigen Überflutungen auf dem projekteigenen Boden nicht selbstverständlich. Für alle Nicht-Landwirte: die Ernteform des Mais ist das Silieren, das heißt Lagerung der kleingehäckselten Gesamtmaispflanze, in Form eines großen Haufens, der dann mit einer Folie Luftdicht verschlossen wird = Silo. So hat es diesmal einen rießen Silohaufen gegeben, begehrtes Futter für die Trockenzeit. Die Maschinen und das Wetter haben gehalten, allerdings waren wir gerade mit der zweiten Maissaat (auf die eben abgeernteten Felder) fertig, da gab es einen großen Getriebeschaden am Traktor. Das wurde dann auch so richtig teuer – Proben die unseren Glauben ganz schön herausfordern.

Auch unser Auto, ein kleiner „Pickup Truck" der Marke Toyota hat wieder einige Reparaturen gebraucht. Man merkt langsam doch die 280.000 Km die dieser Wagen nun in seinen 14 Jahren auf den meist schlechten Straßen Boliviens verbracht hat. Immer wieder mal liebäugeln wir mit einem Neuen, aber verschiedene Gründe haben uns bisher davon abgehalten. Der Hauptgrund ist der, daß der harte Alltagsgebrauch (meist Betriebsfahrten mit viel Ladung) auch einen Neuen schnell verschleißen ließen.

42 und 10

gibt 52, und wenn man noch Dorotheas Geburtstag im Januar (38) dazuzählt, dann fehlen nur noch die12 von Ann-Kathrin um auf 102 Familienjahre zu kommen. Thomas wurde im Februar 10 Jahre alt und hat eine schöne Feier mit seinen Freunden bekommen. Wolfgang hat seinen 42ten Geburtstag ebenfalls im Februar gefeiert, wozu eine große Gruppe an Freunden und Geschwistern aus dem Dorf zum geschlachteten Schweinsessen kamen. Dieses Rüsseltier, nach traditioneller Art von den Gemeindefrauen im Lehmofen zubereitet, ist eine reine Köstlichkeit und eine Besonderheit dazu. Hinterher gab es Gruppenspiele auf der Veranda, etwas völlig außergewöhnliches für unsere bolivianischen Freunde, die aber mit einer ungenierten Begeisterung dabei waren. Ann-Kathrin wird im März 12 Jahre, auch ihr werden wir ein schönes Fest gestalten. Damit ist unsere Familie 102 geworden ... .

Schatzmeister

Nun bin ich bei zwei Organisationen Schatzmeister: Seit Juli 2003 in der örtlichen Trinkwasserkooperative und seit diesen Februar in der lokalen Milchbauernvereinigung „Agalech". Obwohl dies einiges an zusätzlicher Arbeit mit sich bringt, sehen wir diese Aufgabe als eine Möglichkeit, Kontakte zu den Menschen im Dorf und in der Region zu bekommen. Und darüber hinaus gelte ich als korrekt und unbestechlich, was unserem Herrn alle Ehre erweisen soll, wenn mal das Gespräch darauf kommt.

„Bauerntreffen"

Ein weiterer Anknüpfungspunkt zu Menschen ist das monatliche Treffen mit einer Gruppe von Milchbauern, die Sachthemen rund um die Milchproduktion besprechen. Sowohl als Schatzmeister als auch als Mitglied eines solchen Bauernrings ist es für mich ein enormes Übungsfeld, als Deutscher mit den kulturellen Gepflogenheiten umzugehen: auf der einen Seite muß ich irgendwie die Umstände und Umgangsformen respektieren aber auf der anderen Seite möchte ich so gerne Anstöße zu Lösungen geben, die dringend von den Einheimischen gesucht werden. Für mich, der aus einer Kultur kommt, die zum Beispiel mit Zuverlässigkeit weniger Schwierigkeiten hat, ist es oft schmerzhaft zu sehen, wie für Probleme auf einer völlig anderen Ebene versucht wird Lösungen zu finden, dabei aber dringend benötigte Prinzipien vernachlässigt werden, weshalb so mancher Ansatz schlicht nicht funktioniert. Lernfeld bleibt dabei mich in Geduld zu üben bis ich gefragt werde und vor allem, mich nach solchen Begegnungen nicht frusten zu lassen oder hintenrum zu ärgern.

7 Samstage Schulungen

Dorothea und ich besuchen noch bis Ende März eine besondere Predigtreihe die von unserer Muttergemeinde in Santa Cruz angeboten wird. Organisatorisch wird das alles sehr verbindlich gehandhabt und der Abschluß bildet wieder ein besonderes Begegnungswochenende. Wir sind dankbar für die Impulse die wir für unseren Glauben durch die Geschwister und Pastoren aus Santa Cruz bekommen.

Abschied

Ende März ist es leider schon wieder so weit und eigentlich war dieser Termin der Abreise von Familie Peter und Carmen Sievers noch nicht so bald vorgesehen. Aber da Carmen in den ersten Monate ihrer Tätigkeit schwanger wurde, mußten sie ihre Rückreise aus gesundheitsvorsorglichen Gründen vorverlegen.

Carmen und Peter sind beide Physiotherapeuten und haben, neben ihrer Hauptaufgabe die zwei Pohls’ Kinder zu unterrichten, im Laufe ihres Hierseins so manchen Patienten im Dorf kostenfrei betreut.

Dabei haben sie die große Not kennengelernt, die alte und arme Menschen hier haben. So mancher vegetiert sein Leben in einer dunklen Palmdachhütte. Peter und Carmen haben sich daher entschlossen, mit Spenden aus unserer Gemeinde in Düsseldorf einem besonders betroffenen Mann einen Rollstuhl zu finanzieren. Die Freude dieses Mannes ist unbeschreiblich. Wir danken ihnen für ihre Hilfe und wünschen für ihren weiteren Lebensweg Gottes reichen Segen.

Werkstatt

Während der Umbau und Neugestaltung der Werkstatt und Lagerräume der Landwirtschaft sich der Vollendung neigt, hat Stefan mit einem weiteren Werkstattbau begonnen: In einer separaten Halle soll eine Dreherei mit dem Ziel einer Lehrwerkstatt für unsere Heimjungs und in Zukunft für Jugendliche aus dem Dorf entstehen. Dazu suchen wir noch einen Deutschen Handwerker, der so eine Aufgabe (Aufbau einer Ausbildungswerkstatt im Bereich Metall) gerne übernehmen will.

Gottes reichen Segen wünschen



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