Zurück in Bolivien
Liebe Freunde!
Seit Jahren schon feiern wir Weihnachten in Bolivien auf einer nicht ganz so traditionellen Art und Weise wie in Deutschland. Wir haben keinen Weihnachtsbaum, keine Weihnachtsdeko und auch keine Weihnachtslieder. Dies alles passt irgendwie nicht in unser hiesiges Umfeld. Das Klima ist heiß und schwül, mit häufigen Regenschauern fällt Weihnachten bei uns in die heißeste Zeit des Jahres. Unsere Muttergemeinde in Santa Cruz klammert Weihnachten auch völlig aus. Im bolivianischen Kulturkreis wird dieser Feiertag leider bei vielen dazu gebraucht, den Rausch vom Vorabend auszuschlafen. Der Handel versucht wie überall, die Kauflaune mit weihnachtlicher Werbung anzuheben.
Deshalb feiert unsere Gemeinde an 8 Abenden das jüdische Lichterfest "HANUKKAH" (spanische Schreibweise). Zum 11. mal haben wir zusammen mit 2500 Menschen an acht Abenden festlich fröhliche Gottesdienste erlebt. Im Mittelpunkt stand die Botschaft von der Erneuerung des Tempels Gottes, der wir selber sind. Eine tolle Alternative.
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Trotzdem haben wir es uns nicht nehmen lassen am „Heiligen Abend“ gemütlich zusammen zu sitzen,- die Weihnachtsgeschichte zu lesen und gemeinsam zu beten. Thomas hat dieses Jahr einige Zaubertricks vorbereitet, und unser Traditionelles Racelette essen darf natürlich nicht fehlen. Unsere deutsche Truppe bestand dieses Jahr aus Robert & Sabine Haase mit ihren Kindern Tabea und Gustav, Melanie unsere derzeitige Lernhelferin, und unsere komplette Familie,- sind wir doch sehr froh, daß auch unsere Ann-Kathrin über die Weihnachtsferien bei uns sein konnte!
Seit dem wir, nach neun Monaten Deutschland, Ende Oktober wieder bolivianischen Boden betreten haben, ist wieder sehr viel passiert. Manchmal überschlagen sich die Ereignisse, und eine Sache jagt die andere, sodaß es uns unmöglich erscheint die Fülle an Erlebnissen in Wort und Bild zu erfassen. Unsere Internetseite bietet immer noch die Beste Informations- und Bildquelle, neuerdings auch mit einigen schönen Videoclips, z.B. von Hanukkah 2009, versehen.
Schwerpunktmäßig befinden wir uns mit dem Kinderheim und der Landwirtschaft in einem Prozeß der Veränderung und Neuorientierung, davon wollen wir Euch berichten:
Kinderheim
Wie wir oft während unseres Heimatdienstes erwähnt haben, besteht unsere Kinderheimtruppe aus neun gesunden und zwei behinderten Jungs. Im vergangene Jahr stabilisierten sich nicht nur äußere Abläufe, auch an inneren Werten (Ehrlichkeit, Fleiß, Hilfsbereitschaft, Gehorsam, Einsicht bei Fehlverhalten) konnte viel gearbeitet und gewonnen werden. Gerade jetzt, in den Ferien, wo alle Jungs in der Landwirtschaft mithelfen, sehen wir vor allem bei den Großen eine erhebliche Bereitschaft zur Kooperation und willigen Einsatz. Das freut uns natürlich sehr. Darwin und Antonio werden nächstes Jahr ihr Abitur machen. Spendengelder aus Deutschland haben es ermöglicht, daß die beiden, sowie Carlos, Juan Carlos und Jose seit diesem Jahr in bessere, weiterführende Schulen nach Montero und Santa Cruz gehen konnten. Alle fünf haben das Schuljahr gut gemeistert, trotz erhöhten Anforderungen, plus Zeitverlust durch die tägliche 35 minütige Taxifahrt nach Montero. Carlos würde gerne nächstes Jahr zu seiner Mutter nach Santa Cruz ziehen. Im Rundbrief November 08 berichteten wir darüber, daß die Mutter, aus Spanien zurückkommend, gerne beide Jugendliche bei sich haben würde. Nun ist es aber so, daß Antonio lieber bei uns bleiben würde. Das Jugendamt verlangt aber, daß Geschwisterkinder nicht getrennt werden dürfen, eine etwas verzwickte Situation für alle Beteiligten. Wir hoffen 2010 eine gute Lösung zu finden.
Juan Carlos ist zwar in der Schule nicht schlecht, testet aber gerade so ziemlich seine Grenzen. Schlechter Einfluß von „Dorffreunden“ haben ihn zum übermäßigen Alkoholkonsum verführt, unter seinen privaten Sachen fanden wir viele Dinge, die eigentlich einen anderen Besitzer haben. Wir hoffen und beten, daß er eine persönliche Beziehung zu Jesus findet und sich dafür entscheiden kann das Schlechte zu lassen und das Gute zu suchen. Marcello wollen wir in ein anderes Heim verlegen, am besten wäre allerdings für ihn eine Familie die ihn adoptieren würde. Er hat es in den fünf Jahren seines Hierseins nicht geschafft sich richtig zu integrieren. Durch seine Vergangenheit hat er extreme Schwierigkeiten sich an Regeln und Abmachungen zu halten, seine trotzige Schlagfertigkeit bringt ihn regelmäßig in unangenehme Situationen und obwohl er schon viele Fortschritte in seiner Entwicklung getan hat, sind wir über ein gekommen, daß ein Wechsel für alle Beteiligten das Beste ist. Ebenso haben wir für Angelo und Miguel einen anderen Heimplatz in Aussicht. Seit drei Jahren gibt es Richtung Camiri ein Heim für Behinderte Kinder. So Gott will können wir beide dorthin einweisen. Entscheiden wird sich das am 15. Januar; es wäre schon eine tolle Entlastung wenn wir Angelo und Miguel in kompetente Hände entlassen könnten. Entscheidend davon hängt dann ab, wann wir neue, kleine Kinder aufnehmen können.
Diego, mit seinen 11 Jahren unser Jüngster, wurde dieses Jahr von Elisabeth im Einzelunterricht betreut. Trotz seiner drei Schuljahre konnte er nicht lesen und schreiben. Die Lehrer im Dorf hätten ihn aus reinem Mitleid trotzdem in die vierte Klasse versetzt. Die intensive Betreuung tut ihm gut. Er redet mehr, und kann nun wenigstens etwas lesen und einfache Rechnungen meistern. Miguel ist beim Unterricht mit dabei, auch ihm tut die extra Aufmerksamkeit gut. Roger bereitet uns Kopfzerbrechen. Trotz intensiver Hausaufgabenhilfe ist er sitzen geblieben. Oft kommt er erst gar nicht in der Schule an, er sucht seine Heimlichkeiten, ist stolz, rebellisch, frech und ungehorsam. Er bringt oft Delina und Elisabeth, unsere beiden Stützen im Heim an ihre Grenzen. Für Florentino, Juan Carlos und José soll es ab Januar in Santa Cruz weitergehen. Gerade sind wir dabei zu prüfen wo und wie die drei Jungs in der Großstadt untergebracht werden können.
Für José wird es schon das zweite Jahr in Santa Cruz sein, er hatte schon 2009 die Möglichkeit auf einem Wirtschaftsgymnasium eine duale Ausbildung zu beginnen. Seine Noten sind vorzüglich, nur war seine Unterbringung nicht ganz so glücklich, sodaß er sich oft einsam und alleine fühlte. 2010 werden also drei Jugendliche in Santa Cruz wohnen, ein Jahr später kommen Darwin und Antonio hinzu, die dann ein Studium an der staatlichen Uni beginnen werden. Somit werfen weitreichende Veränderungen ihre Schatten voraus, wir treten mit dem Kinderheim in eine neue Phase ein. Gerne dürft ihr diese Schritte im Gebet aber auch finanziell unterstützen, noch ist unklar wie die neu entstehenden Kosten gedeckt werden können.
Landwirtschaft
Obwohl die Milchwirtschaft zu einem stattlichen Betrieb gewachsen ist, zeichnete sich über die Jahre hinweg ein gravierender Schwachpunkt heraus: unser schlechter Maschinenpark. Die Traktoren sind alt und meistens kaputt, und obwohl Robert in unserer Abweisenheit einen weiteren Traktor gekauft hat entspannte sich die Lage kaum. Reperaturen sind teuer und fressen den ganzen Erlös regelmäßig wieder auf. Nach vielem Überlegen und Ringen um die weitere Richtung scheint die Lösung so einfach: Weidehaltung! Das heißt die Kühe zum Futter zu bringen und nicht mehr das Futter zu den Kühen. Damit werden Kosten eingespart und die Maschinen geschont. Die Milchleistung wird villeicht etwas abnehmen, aber die Kosten werden um ein vielfaches geringer werden, und somit die Gewinnspanne größer. Was so einfach klingt muß natürlich umgesetzt werden: Weidegras einpflanzen, den Elektrozaun installieren, Umgestaltung des Arbeitsablaufes etc. Ein Schlag für die Landwirtschaft ist auch einer Reihe von Kündigungen. Ende November ging Julio, unser langjähriger Melker. Nun will auch Wilson aufhören. Nach den vielen Jahren am gleichen Arbeitsplatz scheinen die Leute müde zu werden und sehnen sich nach einer Abwechslung. Obwohl wir mittlerweile einen sehr guten Lohn bezahlen, meinen sie wo anders besser verdienen zu können. Der Blick für die eigene reale Arbeitsleistung geht verloren. Um neue Arbeiter zu finden fuhr Wolfgang Ende November mit einem bekannten Tierarzt Richtung Sucre, ins Hochland. Einer der zwei Männer ist seit Anfang Januar mit seiner Familie bei uns.
Menschen
Robert & Sabine Haase haben sich nach längerem Überlegen doch entschlossen, Ende Januar wieder nach Deutschland zu gehen. Die Vertretungszeit war für Robert nicht einfach und brachte ihn mehrfach an seine Grenzen. Wir sind dankbar daß Gott ihn duch alle Täler hindurchgetragen hat. Nun darf er noch ein bißchen Aufatmen, das Land kennenlernen und einen gesunden Abschluß seines Bolivieneinsatzes finden.
Melanie ist seit September im Land. Sie konnte sich in Santa Cruz die ersten sechs Wochen dem Sprachstudium widmen, seit November begleitet sie nun Thomas in der 8. Klasse Realschule. Leider kamen die Schulunterlagen erst mit einiger Verzögerung Anfang Dezember an, sodaß die beiden erst seit kurzem mit der Schule durchstarten können. Für Thomas ist es nicht einfach nun der einzige Fernschüler zu sein. Die ganzen Jahre über hatte er ja noch „Leidensgenossen“ um sich herum. Derzeit haben die Jungs vom Heim auch noch Ferien, das ist dann besonders hart. Seit wir wieder hier sind hat auch Thomas angefangen, wie die großen Jungs vom Heim, mit Wochenenddiensten im Betrieb mitzuarbeiten. Das macht ihm nicht nur Freude, er ist in kurzer Zeit zu einem wertvollen Helfer herangewachsen.
Miriam ist für zwei Monate bis Ende Januar bei uns. Wir haben sie in Karlsruhe kennen gelernt, und hilft jetzt überall da wo Not am Mann ist. Tagsüber werden zum Beispiel Gartenarbeiten erledigt, Abends zusammen gesessen, gespielt, gealbert, oder DVD geschaut.
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Jessica durfte eine Woche bei uns verbringen. Über ihre Entwicklung haben wir uns sehr gefreut. In ihrem neuen Zuhause, das Mädchenheim „Cristo viene Niñas“ hat sie gelernt zu kochen, auch backt und verkauft sie Schneckennudeln. Als Zweitälteste werden ihr besondere Verantwortungen übertragen, sie ist verantwortungsbewußt, bescheiden und liebenswürdig. |
Analena ist mittlerweile wieder bei ihrer Mutter. Marianella konnte ihr Leben in stabile Bahnen lenken. Mit einnem um einige Jahre älteren Mann lebt sie seit zwei Jahren zusammen, hat einen Sohn Oscar zur Welt gebracht und möchte im Februar den kirchlichen Segen zu dieser Verbindung in Los Chacos erlangen.
Froh sind wir auch um Pastor Nestor und seine Frau Mirjam, die treu jedes Wochenende von Santa Cruz herkommen, um der Gemeinde in Los Chacos vorzustehen. Mit unserer live Musik unterstützen wir jetzt wieder die Gottesdienste, doch liegt die ganze Gemeindeorganisation und Führung in seinen Händen. Wir merken, wie Gott alles zu seiner Zeit richtig führt, so ist seine Gegenwart ein Segen für die Gemeindefamilien sowie für uns.
Ganz besonders freuen wir uns natürlich, daß Ann-Kathrin ihre Weihnnachtsferien bei uns verbringen kann. Sie hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Es ist nicht einfach als Teenager seinen Weg und seine Stellung in der Welt zu finden, schon zweimal nicht wenn man zwei Kulturen in sich trägt. Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz besonders für alle Gebete die ihr gelten. Bei ihrer Pflegefamilie ist sie gut aufgehoben, sie trifft sich regelmäßig mit den Onkels / Tanten und Großeltern, und wir sind gewiß, daß sie ihren Platz in Deutschland noch finden wird.
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Natürlich gäbe es noch vieles mehr zu berichten. Zum Beispiel, daß uns im Februar Peter Bercher zusammen mit Samuel aus Remchingen besuchen wird. Ebenso erwarten wir Monika und Klaus Hümbs-Schröder aus Düsseldorf. Das wird besonders spannend, denn Monika kommt aufgrund einer Einladung unserer Gemeinde aus Santa Cruz: sie soll dem hiesigen Tanzteam im Flaggen/ und Fahnentanz unterrichten. Dabei werde ich als Übersetzerin agieren. Bilder und Erleuterungen gibt es dann ganz sicher auf unserer Homepage.
Persönlich muß ich (Dorothea) öfters an unseren Aussendungsgottesdienst in Düsseldorf denken. Pastor Rüdiger Kuhn widmete uns die Predigt über Jesaja 54,10:
Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.
Die vergangen zwei Monte waren für Wolfgang und mich nicht ganz einfach. Wir haben wirklich einen „Re-Entry-Schock“ erlebt. Wir haben nicht in diesem Ausmaß damit gerechnet, daß uns die Umstände in unserem Gastland trotz 14 Jahren Erfahrung wieder so schwer zu schaffen machen. Nach 9 Monaten waren wir „verwöhnt“ vom geordneten Leben in Deutschland. Nach der Ankunft haben uns die hygienischen und organisatorischen Zustände hier fast die Luft zum atmen genommen. Darüber ist der häufigste Knackpunkt im Alltag hier die Unzuverlässigkeit der Menschen um uns herum. Schwer fällt uns auch die fehlende Kommunikationsmöglichkeit per Internet. Dann gibt es so viele „Baustellen“ in allen Möglichen
Arbeitsbereichen, die neu definiert werden müssen und an denen gearbeitet werden muß. Große Erwartungen zerren an uns, und wir merken, daß wir längst nicht allen und allem gerecht werden. Oft genug fühlen wir uns unfähig, schwach und müde.
„ … meine Gnade soll nicht von dir weichen, und mein Frieden wird dich begleiten!“ diese Worte geben uns Mut und eine tiefe Gewißheit, daß wir in Gottes Hand geborgen sind, denn der Herr erbarmt sich über uns! Wie gut das zu wissen, wie tröstlich!
In diesem Sinne, Euch liebe Freunde ein gesegnetes Jahr 2010!
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Wir wünschen Gottes reichen Segen. Euere Dorothea und Wolfgang mit Ann-Kathrin und Thomas
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“Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand
sondern gedenke an ihn in allen deinen Werken, so wird er dich recht führen." Sprüche 3, 5