Dorothea & Wolfgang Landes
Hogar de Niños
"Wayne Walker"

August 2002

Los Chacos, Santa Cruz - Bolivien

Bericht in der Missions-Zeitung der VDM
Ausgabe August 2002


Mai 03


Jun 02

Inhaltsverzeichnis

  „Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist....“

Heute ist Mittwoch der 6. August. Es ist Nationalfeiertag in Bolivien. Wir haben, wie die meisten unser Nachbarn auch, die bolivianische Flagge gehißt. Am Morgen gingen alle Heimkinder in ihrer Schuluniform zum Hauptplatz, wo alle Schüler der Dorfschule, wie auch die örtlichen Autoritäten versammelt waren. Es wurden Reden gehalten, die Nationalhymne gesungen und an die 177 jährige Geschichte Boliviens erinnert. Alle Schüler, große und kleine, waren mit Fähnchen in den Nationalfarben ausgerüstet. In Bäumen, an Pfosten und Fenstern hängen Fahnen, Schleifen oder ähnliches – Feiern ist Pflicht am heutigen Tag, im ganzen Land.

Dabei ist den meisten eigentlich nicht nach Feiern zu Mute. Das Land quält sich im Moment durch das vierte Jahr einer empfindlichen Wirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die Korruption und der Schmuggel ruinieren zunehmend das Land. Die Kriminalität nimmt beängstigende Ausmaße an und das Vertrauen in die Staatsgewalt könnte schlechter nicht sein. Apropos Staatsgewalt. Heute wird auch der neue Staatspräsident Boliviens vereidigt. Es ist der 72-jährige Gonzalo Sanchez de Lozada, der es nach wochenlanger Unsicherheit und zähem Ringen geschafft hat eine Koalition zu Stande zu bringen. Die schwer angeschlagenen Wirtschaft atmet ein wenig auf, denn sie und viele andere hatten befürchtet, dass Evo Morales, der Führer der sozialistischen Bewegung, hinter dem die "Campesinos" (=Bauern, mehrheitlich Kokabauern) aus dem Hochland stehen, Präsident werden könnte. Es bleibt abzuwarten, ob es die neue Regierung schafft, das Land aus der Krise zu führen.

Gonzalo Sanchez de Lozada "Goni", seine Antrittsrede 2002 bei den Militärs.

Am Sonntag zuvor hatte ich im Gottesdienst den Psalm 33 als Predigttext gewählt, in dem es im Vers 12 heißt: „Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist,......“.   Ich malte der Gemeinde vor Augen dass nur das Volk Bestand hat, dass mit Gott im Bunde ist. Gemeinsam entdeckten wir dann, dass das in übertragenem Sinne genau so für die Familie gilt, die ja die kleinste Zelle der Gesellschaft formt. In den Zellgruppen der Männer und der Frauen sind wir nun dabei das Thema zu vertiefen. Dass die Familien Hilfe brauchen ist unbestritten in einer Gesellschaft, in der die Scheidungsrate bei über 80% liegt. Nicht nur in Form von Beratung und Schulung leisten wir Hilfe, wir sind auch immer wieder dabei den Familien durch den bürokratischen Dschungel zu helfen. Da gibt es Geschwister in der Gemeinde, die keine Geburtsurkunde haben, Ehepaare die nach langen Jahren im Konkubinat („wilde Ehe“) ihre Situation regeln möchten, da muss der schon vor Jahren verschwundene Vater ausfindig gemacht werden, da er alle Papiere der Familie mitgenommen hat etc. All das ist nicht einfach. Doch erleben wir, das der, der mit Gott im Bunde ist seine Situation nicht nur in den Griff bekommt, sondern auch erfährt wie Gott ihn segnet.

Boliviens Weg aus der Krise, davon sind wir überzeugt, ist nicht zuerst ein politischer. Es ist vielmehr ein geistlicher. Der Weg aus der Krise hat primär mit dem zu tun der von sich selbst sagt, dass er „der Weg“ ist – Jesus Christus. Er muss König sein – HERR sein, damit es dem Volk wohl ergeht. Im Dezember kommen wir (Karin und Stefan) als Familie in den Heimatdienst nach Deutschland bzw. in die Schweiz. Was wird uns dort erwarten? Auch Deutschland wird dann eine neue Regierung haben. Wir beten darum, dass es eine Regierung ist, die den Psalm 33 kennt!

  Integration im Volk:

Für die Antwort auf die Frage, wie wir als Jünger Jesu unseren gemeinsamen Auftrag, von nun an Menschenfischer zu sein, am besten ausführen können, gibt es sicher ganz unterschiedliche Lösungsansätze. Wir sehen im Brief an die Hebräer im Kapitel 12 Vers 14 zwei verbindliche Vorschläge, die uns bei der Lösung weiterhelfen: „Jaget dem Frieden nach gegen Jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird.“ Auf den ersten Blick scheinen diese zwei Vorschläge uns eher vom Ziel, Menschen zu Jesus zu führen, zu entfernen, denn das Gegenteil von Frieden, die Konfrontation mit andersdenkenden, könnte uns zu einem Rückzug aus jenen „Fischgründen“ bewegen, die genau das Gegenteil von Frieden und Heiligung zu versprechen scheinen: Nämlich dass wir anecken oder uns irgendwie zu weit anpassen müssen und dann der Aspekt der Heiligung vernachlässigt wird. Wir durften lernen, dass diese Vorschläge, dem Frieden und der Heiligung nachzujagen, sehr wohl zwei wichtige Instrumente zur Verwirklichung unseres Missionsauftrags sind.

Frieden aus Gottes Sicht ist nicht die Abwesenheit von Auseinandersetzung, sondern das Ergebnis einer neuen Beziehung mit Ihm. Frieden ist nicht ein weltlicher Kräftezustand sondern eine Erfahrung die nur derjenige macht, der sich auf die Versöhnung mit Gott eingelassen hat. Dieser Frieden stützt sich auf Jesus, der den Frieden mit uns zuerst gesucht hat; egal in welcher Situation. Dieser Frieden motiviert, überall Frieden zu suchen, wo Menschen in Unfriede mit Gott leben.

Konkret bedeutet das für uns, sich in unser neues Umfeld, in dieses fremde soziale Gefüge einzuweben. Durch die Arbeit im wachsenden Milchviehbetrieb unseres Projekts haben sich im Laufe der Zeit viele geschäftliche Kontakte in der ganzen Gegend, vornehmlich im Sektor rund um die Milchproduktion, entwickelt. Seit Anfang des Jahres wurde ich nun in den Vorstand des örtlichen Milchbauernverband gewählt und neuerdings zum Schatzmeister berufen. Wir danken Gott für seine Weisheit und sein Wort ist eine Leuchte auf unserem Weg. Denn hier gibt es eine riesiges Betätigungsfeld als Friedensbringer. Dieser Aufruf dem Frieden nachzujagen wird attraktiv durch unser gleichzeitiges jagen nach Heiligung. Ein Lebensstil in Heiligung hält sich an Jesu Weisungen. Wenn wir gehorsam sind, sehen wir Jesus und andere sehen Jesus in uns!. Plötzlich bekomme ich Vertrauen geschenkt, weil ich mich an gute Prinzipien halte, die offensichtlich rar gesät sind. Spannend wird sein, wann wir nach dem Grund meiner Prinzipien gefragt werden.

Wir bitten Euch sich mit uns im Gebet eins zu machen, dass Gott die Türen für eine Begegnung der Menschen mit ihm und seinem Wort möglich macht. Dabei ist es egal, wie weit der Weg noch ist, wichtig bleibt: „jaget dem Frieden und der Heiligung nach!“ Dann wird wahr, was Stefan bereits erwähnt hat: Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist.

Gottes Segen und liebe Grüße wünschen

Wolfgang & Dorothea und Stefan & Karin
aus Los Chacos, Bolivien.

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