KAOS UND GEWALT
Wir sitzen mit Freunden in einer Eisdiele in Montero, als plötzlich eine
aufgebrachte Menschenmasse flüchtend an uns vorbei rennt. Sie halten ihre
T-Shirts vor die Nase. Dann merken wir es auch: Tränengas! Die Bedienung
ruft alle Gäste in einen hinteren Raum, verteilt feuchte Taschentücher. Aber
der Raum ist zur Strasse hin offen und das Gas wird unerträglich, auch ein
kleines Lagerfeuer aus Zeitung in der Eisdiele (es sollte das Gas
unschädlich machen) hilft nichts. Schnell bezahlen wir und machen uns davon.
Das brennende Stechen in den Augen ist schmerzhaft, der Mund ausgetrocknet,
man bekommt kaum Luft. Die Kinder sind verwirrt. Ann-Kathrin weint
hysterisch, Thomas fragt immer wieder: „Aber warum machen die das, warum??“
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Was war passiert?
Am Vortag hatte es einen hässlichen Fall von Lynchjustiz gegeben. Zwei Männer wurden wegen Diebstahl von aufgebrachtem Pöpel zu Tode geprügelt und zu guter letzt
mit Benzin überschüttet und angezündet. Zwei Polizisten waren zwar
bereits vor Ort, konnten (oder wollten) aber nicht eingreifen.
Quellnachweis Foto: "El Deber" 8.2.2002 |
Am Tag unseres Montero Besuches kochte das Blut der Angehörigen über. Sie
beschuldigten die Polizei, am Tod ihrer Zöglinge mitverantwortlich zu sein
und zündeten ein Polizeiauto an. Als Antwort darauf wurde von der Polizei
Tränengas geschmissen....
An den darauffolgenden Tagen nahmen die Ausschreitungen weiterhin zu, man
sprach schon von kriegsähnlichen Zuständen: Auf dem Markt und in zwei
Wohnvierteln gab es weitere Zusammenstöße. Zwei Häuser standen in Flammen.
Hochländer, „Collas“ gegen „Cambas“, den Tiefländern. In Montero leben diese
zwei ethnischen Volksgruppen nebeneinander und wieder einmal entbrannte der
tiefsitzende Haß. In der Zeitung lesen wir was die Familie der zwei toten „Ladrones“
(Diebe) als Motto bekannt gibt: „Auge um Auge, Zahn um Zahn! Wir werden
nicht eher ruhen bis die Seelen gerächt sind!“
Quellnachweis
Foto: "El Deber" 10.2.2002
Im ganzen Land sind Unruhen zu verzeichnen. In Santa Cruz wurde während
dem Karnevalsumzug geschossen, 18 Verletzte, 2 schwer verletzt. Im „Chapare“,
dem Koka Anbaugebiet Boliviens, gibt es Zusammenstöße zwischen Kokabauern
und der Polizei. Dabei wird regelmäßig die einzige Durchgangsstraße vom
Tiefland ins Hochland blockiert. Auch Cochabamba und La Paz verzeichnen
Unruhen, die sogenannten „Campesinos“ (arme Bauern) haben der Regierung den
Krieg erklärt und blockieren ständig die Strassen.
.“....herrschen die Gottlosen, seufzt das Volk“ steht in Sprüche 29,2
PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN Auch wir mussten die ersten Wochen des neuen Jahres seufzen... .
Am ersten Januar zerfetzten ein
paar streunende Hunde unseren geliebten Papagei, am zweiten Januar
wurden wir Opfer eines Bankraubes. Mit gefälschtem Personalausweis und
einem Original Scheck wurden von unserem Konto 4800 US $ abgehoben.
Ein Bankangestellter hatte es geschafft, auf unerklärliche Weise, beim
Einlösen eines Schecks im September einen zusätzlichen Scheck zu
entwenden. Der Bankangestellte wurde aber, wegen anderen
Unregelmäßigkeiten, im November von der Bank entlassen. Bis zum
heutigen Tag ist weder die Polizei fähig diesen Mann zu finden, noch
der Rechtsanwalt in der Lage Informationen und Stellungnahmen zum
Sachverhalt zu bekommen. Scheinbar steckt eine organisierte
Verbrecher- und Fälscherbande dahinter, deren Fäden bis in die
Einwanderungsbehörde reichen (Fälschung des Personalausweis....). |
Die Kopie der Fälschung |
GEISTLICHE ERFAHRUNGEN
„Ein Mensch der Unrecht tut, ist für die Gerechten ein Greuel, einer, der
ehrlich handelt, ist es für die Gottlosen“ sagt uns Sprüche 29, 27. Wie wahr
sind doch die Aussagen des König Salomo. Noch nie wurde uns die Weisheit,
Reinheit, Ehrlichkeit und Deutlichkeit dieser Sprüche Sammlung so bewusst,
wie hier in Bolivien. So hat auch Sprüche 3, 5 eine ganz neue und tiefe
Bedeutung erhalten: „Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und
verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen
deinen Wegen, so wird er Dich recht führen“ oder „Denn eines jeden Wege
liegen offen vor dem Herrn, und er hat acht auf aller Menschen Gänge“
Sprüche 5, 21 oder „Der Name des Herrn ist eine feste Burg, der Gerechte
läuft dorthin und wird beschirmt“ Sprüche 18, 10.
Wie wohltuend ist es für uns, in unserem Herrn eine feste Burg, ein
Zufluchtsort und einen zuverlässigen Beschützer zu haben. Und nicht nur das
er für uns streitet, er schafft auch Recht und er lässt die, die auf Ihn
hoffen nicht zuschanden werden.
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MONICA Das hoffen wir auch
ganz neu für Monica. Ihr kennt sie noch, sie ist unsere
„Ziehtochter“ aus La Paz, die auch dieses Jahr ihre großen
Schulferien bei uns verbracht hat. Mit 16 Jahren kann das Leben schon
mal recht hart sein, und so durfte sie auch bei uns einige „Lektionen“
des Lebens neu lernen. Wir verabschieden sie mit viel Gebet und dem
tiefen Wunsch, dass sie ihre Hand nicht von Jesus lässt und sie auf
gutem Wege weiter geht. |
SCHULANFANG
Heute ist wieder Schulanfang in Los Chacos. Karin und Stefan Pohl sind
froh, dass nach 3 Monaten Ferien wieder etwas Gleichmäßigkeit und Ruhe in
den Heimbetrieb einkehren. Die Ferien nutzten die Kinder zum Fischen, Baden,
Basteln und im Milchbetrieb („Lecheria“) mithelfen. Ein Wochenendausflug
nach Samai Pata mit der ganzen Mannschaft war ein schöner Höhepunkt, auch
stand ein Zoobesuch auf dem Programm. Nun hoffen wir, dass die Kinder sich
wieder an die Schule gewöhnen und Fortschritte erzielen.
BETRIEB
Die fünf ältesten Jungs, Juan, Fernando, Pedro, Darwin, und Antonio
werden abwechselnd in der „Lecheria“ als Helfer eingesetzt. Sei es Kühe
treiben, beim Füttern helfen oder die beliebteste Arbeit: Traktor fahren,
die Kinder sind dabei und lernen so den Umgang mit Vieh und Hof. Sie haben
viel Spaß daran, fühlen sich wichtig und unersetzlich und sind auch Julio
und Wolfgang effektiv eine Hilfe. Ansonsten geht es in der
Milchviehwirtschaft zwei Schritte voran und einen zurück. So hatten wir
Anfang des Jahres einige Fehlgeburten, welches natürlich einen Rückschlag in
der Milchproduktion nach sich zog. Heute starb ein weiteres Kalb. Wir sind
zwar zuversichtlich und wissen dass es voran geht, doch gilt es immer
wieder: Ausdauer haben, nicht aufgeben, vollen Einsatz leisten, nicht den
Mut sinken lassen.... . Für die Zukunft sind wir froh und dankbar dass sich
eine
VERTRETUNG FÜR UNSEREN HEIMATDIENST
gefunden hat. Markus und Silke Mergenthaler sind Freunde von Margit Luz,
die wir an ihrer Hochzeit Ende Dezember hier bei uns kennen lernten. Markus
studiert an der Universität Hohenheim im Fachbereich Landwirtschaft und wird
unter den Vorzeichen bei uns seine Diplomarbeit zu schreiben, die Vertretung
für Wolfgang übernehmen. Die Beiden wollen im März 2003 für eine angemessene
Übergangszeit zu uns stoßen. Bitte betet für alle Entscheidungen und
Schritte in ihrer Vorbereitung. Betet auch für die finanzielle Absicherung
der Beiden, denn dieser Bereich ist noch nicht geklärt.
HEIMATDIENST 2003
Ja, und so geben wir bekannt, dass wir voraussichtlich im Juli 2003 nach
Deutschland kommen werden. Wünschenswert für uns ist, dass unsere Kinder ein
Schuljahr in Deutschland machen könnten, also Ann-Kathrin die fünfte und
Thomas die dritte Klasse. Noch ist unser Standort nicht ganz klar: Karlsruhe
oder Düsseldorf. Betet doch bitte mit uns für klare Führung in allen
Entscheidungen, noch ist ja auch Zeit bis dahin. Im Dezember diesen Jahres
werden Karin und Stefan Pohl ihren Heimatdienst antreten. Sie wollen
insgesamt 7 Monate in Deutschland und der Schweiz verbringen. Auch ist eine
Vertretung für die Zeit ihrer Abwesenheit nicht ganz geklärt, die
Hauptverantwortung werden wir übernehmen.
PRAKTIKANTEN
Anfang März
wird uns Silke Strotbek verlassen. Sie hat uns ein halbes Jahr
tatkräftig als Lehrerin der ersten Klasse und im Kinderheim
unterstützt! Ganz herzlichen Dank, Silke! Im Juli wird dann Beate,
Dorotheas Schwester, nach einem Jahr Lehrereinsatz, die Heimreise
antreten. Obwohl es weh tut wenn liebe Menschen einen wieder
verlassen, sind wir Gott froh und dankbar, dass er uns weiterhin mit
guten Leuten aus Deutschland versorgt. Ende März kommt Heidi Goletz,
die in die Fußstapfen von Silke treten wird, im August erwarten wir zu
einem Jahreseinsatz zwei Abiturientinnen, sowie im September eine 26
jährige Erzieherin. Wir staunen, wie Gott uns zur rechten Zeit die
richtigen Leute zur Seite stellt. |
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Zum Abschluss grüßen wir noch einmal mit Sprüche 3, 5:
„Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen
Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er Dich recht führen“.
Dieser allumfassende Rat mündet in ein allumfassendes Versprechen: Wir
werden nicht auf den falschen Weg gelangen, wenn wir uns der Führung Gottes
hingeben. Dass damit unser eigenes Denken oft nicht „ein-Verstand-en“ ist,
müssen wir bewusst und in glaubendem Vertrauen ignorieren. Unsere
menschliche Logik ist verseucht und steht Gottes Handeln in unserem Leben
wie ein Hindernis im Weg. Wir haben gute Erfahrungen mit der Einhaltung
dieses Rates gemacht und üben uns stetig weiter, wo wir es noch nicht getan
haben. Das wünschen wir allen die diesen Brief lesen.
Gott anbefohlen und alles Gute,
Gebetsanliegen
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