Bericht in der Missions-Zeitung der VDM


Nov 17

Mai 2017


Feb 17

Über die Kunst, sich nicht festzulegen

Das Leben in Bolivien, wahrscheinlich ähnlich wie in vielen Ländern, die nicht zum Abendländischen Kulturkreis gehören, verlangt von uns ein hohes Maß an Anpassung ab. An vieles fremdartige gewöhnt man sich, so manche Verhältnisse oder Gewohnheiten sind sogar einfach klasse. So bekommt man zu Beispiel in Bolivien ganz schnell und sehr günstig ein Essen nach Hausfrauenart, egal ob früh morgens, mittags oder abends. Andere Umstände brauchen lange um sich daran zu gewöhnen, wenn es überhaupt aus menschlicher Kraft geht. So fällt es uns immer wieder auf, wenn sich ein Verhaltensmuster zeigt, bei dem wir einfach anders ticken: wichtige Entscheidungen werden vertagt, offene Konfliktbewältigung möglichst vermieden.

Wie schnell fährt ein Ochenkarren?
Egal wo und in welcher Situation, ein Verhaltensmuster kommt in unserem Gastland immer wieder zum Vorschein: Dinge bleiben offen und man legt sich nicht fest. Dazu gibt es einen passen Spruch: „Die Ladung wird auf der Fahrt verzurrt“. (Span.: La carga se arregla en el camino). Man geht also allgemein davon aus, daß es genügt, die Dinge noch während des Prozessablaufs zu regeln. In den 60er Jahren wurde mit dem befestigen der Straßen in Santa Cruz begonnen. In Deutschland gab es bereits tausende Km Autobahn. Eine Wegstrecke von 50 Km mit dem Ochsenkarren benötigte 4 Tage. Unter diesen Verhältnissen reichte es sprichwörtlich, den Sack Zucker oder Mais, das Fass mit Öl und die mitfahrenden Kinder noch während der Fahrt zurechtzurücken.

 

Änderungen im letzten Moment.

Auch an Bolivien ist der Fortschritt nicht vorübergegangen und die Räder der Geschäftigkeit drehen sich hier immer rasanter. Aber der Grundsatz vom lockeren Umgang mit Planung und Organisation ist phänomenal. Kurzfristige Änderungen in letzter Minute sind an der Tagesordnung und stellen auch kein Problem für die Beteiligten dar. Daß deshalb manches nicht klappt oder viel mehr Zeit verbraucht ist hier kein Problem. Trotz aller Gewöhnungsbedürftigkeit färbt das allerdings ab: wenn wir in Deutschland zum Heimatdienst aufschlagen, dann werden wir, die wir hier manchmal verzweifeln, dort als „Latino“ verschrieen.

 

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