Dorothea & Wolfgang Landes
Hogar de Niños
"Wayne Walker"

April 2007

Los Chacos, Santa Cruz - Bolivien

Bericht in der Missions-Zeitung der VDM
Ausgabe April 2007


Jun 07


Feb 07

Inhaltsverzeichnis

Sachzwänge

Wie verschieden doch das Leben hier in Bolivien ist - oft denken wir darüber nach, woran das liegen mag. Der Unterschied von Gewohnheiten und Ansichten tritt immer mehr zu Tage, je länger wir hier in Los Chacos leben. Wir haben uns daran gewöhnt aber empfinden es trotzdem oft merkwürdig. So manches mal sagen wir zu uns: „Nicht aufregen, nur wundern!“

Anschließend deshalb ein kleiner Einblick in unseren Alltag. Wir leben sozusagen im Dauerzustand der Improvisation. Zum Beispiel sitze ich im Büro und dann bellen die Hunde, das Zeichen, daß jemand kommt. Es ist der Maurer, der wegen dem drohenden Regen aus Norden die geplante Arbeit unter freiem Himmel nicht fortführen kann. Wir müssen also zusammen eine andere Aufgabe suchen. Am besten in den Räumen der Wasserkooperative, da ist noch was zu erledigen. Nun muß ich vorher noch einem der Mitarbeiter der Landwirtschaft Einweisung für den Tag geben. Der Mitarbeiter ist aber noch nicht da, ich muß also den Maurer alleine vorschicken. Gerade möchte ich mich dem neuen Mitarbeiter widmen, da läutet das Telefon. Eine junge Frau meldet sich, sie braucht dringend Geld, weil ein Motorradfahrer mit ihrer unbeaufsichtigten Kuh zusammengestoßen ist und nun muß sie für die Krankenhauskosten aufkommen. Als Schatzmeister der Milchbauern soll ich ihr zu einem „Prestamo“ (Kleinkredit) verhelfen. Das kann ich nicht selber entscheiden und so muß ein weiterer Anruf gemacht werden. Währenddessen kommt ein anderer Arbeiter, damit ich im PC aus der Herdbuchführung einige Daten weitergebe, weil seit 3 Wochen der Bildschirm vom Stall in der Reparatur ist, kann er das nicht selber machen. Kaum sitze am Schreibtisch,  kommt eine Frau aus dem Nachbardorf, sie gehört zu unserer Gemeinde. Seit einer Woche möchte sie einen Revolver als Pfand dalassen. Ich musste mich aber erst erkundigen, wie hoch überhaupt der Wert ist. Nach langem hin und her leihe ich ihr Geld, wieder mal mehr als ich wollte und mit der hohen Wahrscheinlichkeit, daß ich es nicht mehr wieder bekomme. Irgendwann, es ist schon nach 10:00, kann ich dann die Baumaßnahmen in der Wasserkooperative betrachten, aber es stellt sich heraus, daß für verschiedene Schritte das Material fehlt. Es ist nun schon zu spät, um die Sachen in der Stadt zu besorgen, wir müssen uns auf jene Arbeiten beschränken, die möglich sind. Alle Einzelheiten schreibe ich auf meinen Merkzettel. Zuhause sagt mir unsere Hilfe im Haus, daß jemand auf mich wartet. Es ist einer der Viehhändler. Wegen der Hunde getraut er sich nicht zum Haus, also muß ich rüber zum Stall laufen um zu sagen, daß wir nichts verkaufen. Während dessen sollte einer der Arbeiter beginnen den Rasen zu mähen, aber derjenige, der gestern gemäht hat, hat nicht Bescheid gegeben, daß die Schrauben vom Tank abgebrochen sind. Nun muß umdisponiert werden. Was ist nun am Wichtigsten? Kaum habe ich die nötigen Anordnungen gegeben, sehe ich einen fremden Stier auf der Weide bei unseren Jungrindern. Ich muß nun die Leute zurückrufen. Angefangenes bleibt liegen, um wichtigeres zu erledigen.

So vergeht die Zeit und ich frage mich: „was ist hier eigentlich los?“ Im Vergleich mit den Zuständen im Land, wo in Bereichen der öffentlichen Verwaltung oder in der Wirtschaft oft nur Chaos herrschen, geht es bei uns noch vergleichsweise „koordiniert“ zu. Aber das Leben hier wird häufig zu einer großen Geduldsprobe. Nicht umsonst sollen wir Geduld lernen. Ratschlag von Paulus an Timotheus: „Jage nach der Gerechtigkeit, der Frömmigkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmut!“ Ich glaube das größte Übungsfeld im Arbeitsfeld der Mission sind erst einmal wir selber. Wir empfinden uns auf dem Weg und haben schon so manche Prüfung bestanden, wenn auch nicht auf Anhieb. Das „jage nach“ wird nicht aufhören, aber unser Glaube soll ja auch „feuerfest werden“.

Wir Danken herzlich für alle Unterstützung und Grüßen herzlich aus Bolivien.

Wolfgang und Dorothea Landes.

 

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